Altdorf – Altdorfs Volleyballerinnen starten in drei Wochen in die neue Zweitliga-Saison. Nicht nur die Mannschaft trägt ein anderes Gesicht,
auch neben dem Feld gibt es wichtige Änderungen: Milan Dörnhöfer übergibt sein Traineramt an Haitham Aleter und wird neuer sportlicher Leiter.

Haitham Aleter blickt auf eine bewegende Vergangenheit zurück: Um dem syrischen Regime von Machthaber Baschar al-Assad zu entfliehen, entschließt sich Aleter 2014 dazu, seine Heimat zu verlassen. Seine Reise führt ihn zunächst in eine Flüchtlingsunterkunft in Trier, von dort aus zieht es ihn weiter nach Kaiserslautern. Aleter, der dem Krieg schließlich entkommen konnte, möchte in Deutschland das tun, was er am besten kann: Volleyballspielen. Eine Verletzung macht dem Syrer jedoch einen Strich durch die Rechnung. Also entschließt er sich, anderen seinen geliebten Sport näherzubringen, wechselt vom Feld an die Seitenlinie und wird Trainer.

Nach zwei Jahren beim SV Steinwenden und als Co-Trainer des SSC Freisen packt er 2019 erneut seine Koffer – diesmal jedoch aus freien Stücken. Er macht sich auf den Weg ins Saarland, wo er beim TV Limbach sowohl für die Herren als auch für die Frauen zuständig ist. Doch Aleter will mehr und höherklassige Mannschaften trainieren. Also bewirbt er sich und findet sein neues Glück schließlich beim Herrenteam des TV Waldgirmes. Nachdem die Spielzeit im vergangenen Jahr in der 3. Liga coronabedingt abgebrochen wird, schlüpft der Syrer erneut in eine neue Rolle und übernimmt unter anderem die Gegneranalyse der Damenmannschaft in der 2. Bundesliga – dem Ligakonkurrenten des TV Altdorf.

Nächste Station: Altdorf

Nun coacht Aleter die Mannschaft des TV Altdorf und tritt das Erbe von Milan Dörnhörfer an, der sein Amt nach dem erfolgreichen Abschneiden in der vergangenen Spielzeit niederlegt. „Die Idee, nach dieser Saison aufzuhören, hatte ich von Beginn an. Es hat in erster Linie Zeitgründe: Ich bin jede Woche viermal nach Altdorf gependelt, bei Heimspielen war ich acht bis neun Stunden unterwegs, bei Auswärtsspielen um die zwölf Stunden. Das Ganze war eine langfristige Entscheidung“, erklärt Dörnhöfer.

Ab sofort übernimmt er die Position des sportlichen Leiters, neben dem Scouting eigener Nachwuchsspieler und von Akteuren aus der Region wird er sich auch um mannschaftsübergreifendes Techniktraining kümmern. „Mit einer Mannschaft in der Bayernliga und einer in der 2. Bundesliga haben wir ein solides Gerüst, das Jugendspielern eine gute Perspektive bietet“, hofft er auf eine gewisse Strahlkraft des TV Altdorf.

Dörnhöfer möchte dazu ein neues sportliches Konzept aufsetzen, dessen Grundphilosophie auf einer einheitlichen Ausrichtung des gesamten Vereins fußt und in allen Mannschaften ähnliche Schwerpunkte setzen soll. „So haben es die Spielerinnen leichter, weil sie nicht in jeder Nachwuchsmannschaft unterschiedliche Dinge beigebracht bekommen. Das wird letztlich dem Verein helfen“, ist Dörnhöfer überzeugt.

Trainerbewerbung aus Russland

Eine der ersten Amtshandlungen des neuen sportlichen Leiters war die Verpflichtung seines eigenen Nachfolgers an der Seitenlinie. „Wir haben die Stelle in einem internationalen Forum ausgeschrieben und daraufhin viele Anfragen erhalten. Sogar aus Russland war eine dabei. Ein Trainer, der gefühlt nur in der Championsleague trainiert hat und der mit seiner ganzen Familie nach Deutschland kommen möchte“, erinnert sich Dörnhöfer. Die Personalie scheiterte freilich an den finanziellen Möglichkeiten des Vereins.

Die Wahl fiel schließlich auf Haitham Aleter. Für die erste hauptamtliche Trainerstelle des TV Altdorf ist er sehr gut geeignet. „Durch sein Engagement in Waldgirmes kennt er bereits die 2. Bundesliga und weiß, wie hier gearbeitet wird und welchen Stellenwert der Volleyball hat. Darüber hinaus ist er ein ruhiger Charakter und akribischer Arbeiter, der viel analysiert und der sich nun in der 2. Bundesliga etablieren möchte“, sagt Dörnhöfer über den 46-Jährigen. Die Trainingseinheiten gibt Altdorfs neuer Cheftrainer auf Englisch, außerhalb des Feldes spricht er mit seinen Spielerinnen deutsch. „Haitham soll uns schon die nächsten vier, fünf Jahre erhalten bleiben“, sagt Dörnhöfer, Aleter soll mit kontinuierlicher Arbeit dazu beitragen, den TV Altdorf in der 2. Bundesliga zu etablieren.

Personell wird sich das Team des TVA im Vergleich zur vergangenen Saison allerdings verändern. Mit Clara Fischer, Sandra Ullrich und Christina Kosikowski fallen drei wichtige Stützen der Vorsaison weg. Fischer zieht es beruflich nach München, sie läuft künftig für den Ligakonkurrenten SV Lohhof auf. Ullrich möchte aufgrund anhaltender Rückenprobleme eine Pause einlegen, Kosikowski legt ihren Fokus auf Beruf.

Neumann und Stanic kommen

Als Neuzugang steht bereits Mittelblockerin Lea Neumann vom Bundesliga-Aufsteiger VC Neuwied fest. Darüber hinaus wird auch Katarzyna Stanic das Altdorfer Trikot überstreifen: Sie ist in der Mitte sowie diagonal einsetzbar, spielte in den vergangenen Jahren unter anderem in Bamberg, Zirndorf und beim VfL Nürnberg. Mit Lara Krasser wird zudem eine alte Bekannte zurückkehren: Die 31-Jährige legte zuletzt eine Babypause ein und laborierte an einer schweren Knieverletzung. Auch sie wird in der neuen Saison die Mannschaft unterstützen und „zumindest die Heimspiele bestreiten“, wie Dörnhöfer verrät.

Bleibt noch die Frage nach dem Lizenzierungsverfahren für die 2. Volleyball-Bundesliga. „Da müssen wir nun die ersten Nachweise erbringen“, sagt Dörnhöfer und erklärt: „Wir wollen mit einem Gesamtetat von 60 000 Euro in die neue Zweitligasaison gehen.“ Zwar sei der Verein bereits auf einem guten Weg, „fünf bis 10 000 Euro mehr würden uns aber schon noch guttun und helfen, ruhiger zu schlafen“, gesteht er. Die Verantwortlichen hoffen freilich auch auf eine Rückkehr der Zuschauer, sowohl aus atmosphärischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht. Mit ihnen planen kann der Verein jedoch nicht, schließlich weiß niemand, wie sich die Corona-Situation bis zum Herbst entwickeln und welche Auswirkungen sie auf die Kulisse in der Dreifachturnhalle haben wird.

Wie schon im vergangenen Jahr wird es auch im Sommer 2021 eine Crowdfunding-Aktion geben, bei der sich Fans, Gönner und alle Volleyball-Interessierten beteiligen können und somit ihren (wirtschaftlichen) Teil zu einer weiteren, erfolgreichen Saison in der 2. Bundesliga beitragen können.

Daniel Frasch