ALTDORF – Vor dem Duell mit Wiesbaden zeigt die Leistungskurve der Altdorfer Volleyballerinnen nach oben – auch dank Außenangreiferin Juliane Kind. Die 26-Jährige spricht über Teamgeist, persönliche Auszeichnungen und die Chance, noch einmal in der 1. Bundesliga zu spielen. Die Volleyball Bundesliga setzt derweil die Abstiegsregel aus.

Mitte März beginnt für den TV Altdorf das letzte Saisonviertel. Sechs Partien stehen noch aus, vier davon in eigener Halle. Die vergangenen drei Spiele mit der Ausbeute von sechs Punkten haben der Mannschaft noch einmal mehr Selbstvertrauen gegeben. Mit den ansteigenden Leistungen lesen sich nun auch die nackten Tabellenzahlen versöhnlicher: In seiner ersten Zweitligasaison hat der Aufsteiger bislang fünf Siege errungen, dabei 19 Punkte erspielt und den Abstand auf die Abstiegsplätze auf fünf Zähler ausgebaut. Der Blick nach unten ist nun jedoch hinfällig: Wie die Volleyball Bundesliga am Freitag mitteilte, wird es in der laufenden Spielzeit keine Regelabsteiger geben. Der TVA kann fortan ohne jeglichen Druck in die noch ausstehenden Partien starten und befreit aufspielen.

Am Abend (19 Uhr) trifft Altdorf mit dem VC Wiesbaden II auf den Tabellenzweiten, der mit 38 Punkten bereits doppelt so viele Zähler gesammelt hat wie Altdorf. Allein siebenmal setzte sich Wiesbaden bislang klar mit 3:0 durch. Das dem Reserve-Team dennoch beizukommen ist, zeigte das Hinspiel Ende November. Bei der knappen 2:3-Niederlage kämpfte sich Altdorf zurück in die Partie und schaffte es dank zwei gewonnener Sätze zum Punktgewinn.

„Können gegen jedes Team gewinnen“

Warum also soll nun, mit den Erfolgserlebnissen der vergangenen Wochen im Rücken, nicht die Überraschung gelingen? „Die Mannschaft hat unter der Woche sehr fleißig trainiert, zudem haben die vergangenen Partien gezeigt, dass wir gegen jedes Team gewinnen können, wenn wir es schaffen, uns auf unsere Leistung zu konzentrieren“, blickt Cheftrainer Milan Dörnhöfer optimistisch auf die Partie. Mit Alina Hösch und Christina Kosikowski kehren zudem zwei Leistungsträger in den Kader zurück.

Wichtig für einen erfolgreichen Spielausgang dürfte erneut die Leistung von Außenangreiferin Juliane Kind sein. Die gebürtige Coburgerin kam im Sommer vom Drittligisten TV 1860 Fürth und erfüllt die Erwartungen, die in sie gesetzt wurden, voll und ganz. Milan Dörnhöfer schwärmt: „Jule war von Anfang an unsere Wunschkandidatin. Sie bringt viel Ruhe auf‘s Feld und überzeugt mit Cleverness und Wucht im Angriff. Neun MVP-Titel beweisen, dass der Transfer absolut richtig war.“ Während insbesondere Spielführerin Katharina Schön große Emotionalität auf dem Feld ausstrahlt, ist Kind eine stille Vertreterin ihrer Zunft. „Sie ist eine ruhige Spielerin, die viel reflektiert. Eine konzentrierte Arbeiterin, die sich auf ihre Leistung fokussiert“, beschreibt der Altdorfer Trainer ihre großen Stärken.

Keine Spur von Routine

Kind selbst wirkt von ihren bisher gezeigten Leistungen in der 2. Bundesliga etwas überrascht: „Ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, so oft zur besten Spielerin gewählt zu werden. Ich habe zwar auf dem Papier mit 18 Jahren schon mal in der 2. Liga gespielt, wirklich Einsatzzeit hatte ich damals jedoch nicht. Von einer routinierten Zweitligaspielerin konnte vor der Saison jedenfalls nicht die Rede sein.“ Doch die neun MVP-Auszeichnungen kommen nicht von ungefähr, Talent allein reicht nicht aus, um in Deutschlands zweithöchster Spielklasse zu überzeugen. „In der Abwehr habe ich viel an meiner Annahme gearbeitet, dazu versuche ich, das Spiel der Gegner zu antizipieren und mich dementsprechend zu positionieren. Auch wenn das nicht immer den Vorgaben des Trainers entspricht“, schmunzelt sie, „manchmal stehe ich dann auch falsch.

Ausgeprägter als das Abwehrverhalten sind bei Juliane Kind ohnehin die Fähigkeiten im Angriff. „Seit ich hier in Altdorf bin, habe ich mich im Angriff noch einmal weiterentwickelt. In der 3. Liga hat es oft ausgereicht, einfach hart durch den Block zu schlagen. Das ist in der 2. Liga anders, da bin ich am Anfang öfter hängen geblieben. Ich musste meine Angriffe variabler gestalten“, sagt sie rückblickend auf den Saisonbeginn.

„Der Zusammenhalt ist groß“

Deutlich schneller und einfacher als die Anpassung an das höhere Niveau verlief für sie die Integration im neuen Team. „Obwohl ich persönlich nur Alina Hösch gekannt habe, bin ich super in der Mannschaft aufgenommen worden. Konkurrenzgedanken gab es nicht, im Gegenteil: Der Zusammenhalt im Team ist sehr groß, das war bei meinen bisherigen Stationen nicht immer so“, stellt Kind das intakte Mannschaftsgefüge in den Vordergrund. Durch ihre guten Leistungen rückt Altdorfs Außenangreiferin jedoch zunehmend in den Fokus der generischen Mannschaften. „Sie wird oft von den Gegnern gesucht, was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, immerhin hat sie eine der besten Annahmequoten in unserem Team“, sucht Trainer Milan Dörnhöfer nach Erklärungsversuchen, warum ausgerechnet Kind häufig das Ziel gegnerischer Aktionen ist.

Aktuell studiert Juliane Kind Wirtschaftspädagogik mit Zweitfach Sport in Erlangen, schon bald wird sie ihre Masterarbeit beginnen. Die Chancen, irgendwann noch einmal in der 1. Bundesliga aufzulaufen, betrachtet sie als eher gering: „Natürlich würde es mich reizen, aber dafür bin ich wahrscheinlich zu klein.“ Ihre Bodenhaftung verliert die 1,74-Meter große Rechtshänderin nur auf dem Feld: Immer dann, wenn sie in die Luft steigt, um die Zuspiele mit brachialen Angriffsschlägen im gegnerischen Feld zu platzieren. Sicherlich auch heute Abend gegen den Favoriten aus Wiesbaden.

Peter Voss, Daniel Frasch